Freitag, 7. September 2012

„Oetzi“, oder wie sich eine Idee weiterentwickelt, Teil I


"Pirol" von Georg Friedrich. Mit freundlicher
Genehmigung von Herrn Hochgeschurz, Geschäftsführer des DMF-Shop







Manchmal entwickelt sich eine Anregung über Jahre ständig weiter. Genau so erging es mir, als ich in der Zeitschrift „Der Modellflieger“ des DMFV, Ausgabe Februar/März 2005, den Bauplan und Fotos des Motorseglers „Pirol“ von Georg Friedrich sah (Der Bauplan ist noch heute für € 3,00 erhältlich: http://shop.deutscher-modellflieger-verband.de/de/Flugmodelle/Bauplaene/Bauplan-Pirol).
Was mich vor allem faszinierte, war der sehr einfach gehaltene Rumpfaufbau, der über die gesamte Länge eine konstante Breite aufwies. Das V-Leitwerk verlieh dem Flieger zudem ein etwas extravagantes Aussehen. Davon inspiriert, baute ich eine ganze Reihe von Modellen mit ähnlicher Bauweise in unterschiedlichen Konfigurationen, das Wichtigste jedoch: Damit gelang mir der Einstieg in die Elektrofliegerei.

Modell "Oetzi" im Winter 2006 bei den "Aviators" in Obdach

Eines der ersten Modelle, von dem es brauchbare Fotos gibt, war der „Oetzi“. „Oetzi“ deshalb, weil der Erstflug bei den Aviators in Obdach/Österreich stattfand.
Statt des V-Leitwerks setzte ich jedoch eines in Delta-Form mit zwei Seitenleitwerken auf. Den Flügel schnitt ich mit einem Clark Y-Profil aus Styropor. Verstärkungen erfolgten nur in der Form, dass ich die Nasen-, Abschlußleiste sowie die Querruder aus Balsaholz fertigte und Sperrholz in der Mitte an der dicksten Profilstelle einklebte. Das Balsaholz schützte ich gegen Feuchtigkeit durch einfaches Überkleben mit breitem durchsichtigem Klebeband. Der Antrieb erfolgte bereits über einen bürstenlosen Motor, der aus NiMH-Akkus seine Leistung zog.
"Oetzi" im Flug
So konfiguriert zeigte der „Oetzi“ ruhige Flugeigenschaften, ein Flieger halt, den man bei jeder Gelegenheit mitnehmen konnte. Irgendwann überkam mich aber das Gefühl, noch nicht in die „Rentnerliga“ zu gehöre, ich wollte doch etwas mehr Nervenkitzel. Also tauschte ich den Flügel gegen einen in Rippenbauweise mit dem 8% dicken Dunham-Profil aus. Ich fräste alle Rippen einschließlich eines Satzes Negativrippen von der Unterseite auf meiner Fräse. Die auf dem Baubrett mit Stecknadeln fixierten Negativrippen sorgten für einen verzugsfreien Aufbau. Leider existiert von dem „Oetzi 2“ kaum Bildmaterial, wie z. B. diese in Coral Draw erstellte Draufsicht der neuen Flügelgeometrie:

Neue Flügelgeometrie des "Oetzi 2"

Neben der neuen Fläche tauschte ich auch das Leitwerk gegen das im „Original“ vorgesehene V-Leitwerk aus.
Durch diese Umbauten kam richtig Pep in den Flieger, statt Nervenschonung war nun Herumheizen angesagt. Durch seine transportable Größe von 1,10 Meter Spannweite fand er auch jedes Mal seinen Platz im Wagen, wenn ich nach Österreich fuhr. Doch leider, leider beendete „Oetzi 2“ sein Leben viel zu kurz unter schallendem Gelächter im Sommer 2007 auf dem Flugplatz der Aviators in Obdach. Dort entstand auch das einzige jemals gemachte Foto:


"Letzter Start des Oetzi 2"

Wie man im Hintergrund erkennen kann, fällt das Gelände hinter dem Platzrand ab. Nach einem quirligen Flug wollte ich „Oetzi 2“ aus Richtung des weißen Hauses einlanden. Da der Flieger einen recht flachen Gleitwinkel aufwies, erreichte ich diesen Platzrand bereits in knapp 50 cm Höhe, um den Flug mit einer Bilderbuchlandung direkt vor meinen Füssen ausklingen zu lassen. Doch dazu kam es nicht mehr. Knapp bevor ich den gemähten Rasen erreichte, krachte es und „Oetzi 2“ wurde herumgerissen. Im gleichen Moment sah ich die Augen aller Fliegerkollegen und deren Familien auf die Unglücksstelle gerichtet, denn an diesem Tag fand gleichzeitig das Sommerfest statt, noch mehr Zuschauer waren kaum möglich. Plötzlich war ich der Star des Augenblicks. Während ich mich auf den Weg zur Bergung machte, hörte ich im Hintergrund bereits schallendes Gelächter, offensichtlich wussten alle Zuschauer bereits etwas, was sich mir noch erschließen sollte.
Wohl um auch dem letzten Wanderer klar zu machen, der abseits der üblichen Wege seine Erholung quer durch die Natur an der Flugplatzkante sucht, „ab hier geht´s abwärts“, zierten quadratische Holzleisten, die kaum höher waren als das ungemähte Gras in Abständen von ca. 20 Metern die Platzgrenze. Und wie sollte es anders so, genau ein solcher Pfosten etablierte sich zur spontanen Bremse einer Flügelhälfte.
Mit dem Kommentar des Vorsitzenden Hias: „Wer hier noch nicht einmal einen Stipfel gerammt hat, ist nicht richtig geflogen!“, beruhigte ich mich sofort wieder, denn nun war ich zwar um ein Modell ärmer aber zumindest kein Außenseiter mehr.
Viel war von „Oetzi 2“ nicht mehr zu retten, den Flügel hatte es fast durchtrennt und der Rumpf war durch die plötzliche Bewegungsänderung von gerade in Kreisform an mehreren Stellen gebrochen. Das einzig verwendbare Teil blieb das Rumpfheck mit dem Leitwerk, das ich sauber von dem Rest trennte. Mit diesem Überbleibsel kreierte ich dann eine neue Entwicklungsreihe „Delfis“, doch davon berichte ich im nächsten Teil.

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