Montag, 20. Mai 2013

Testbericht Lockheed P-38 Lightning vom Schweighofer



Die P-38 nach den Testflügen


Zur Geschichte der P-38
„Wir haben unsere Zweifel, ob sich mit ihrer Konstruktion die vorgegebenen Bedingungen erfüllen lassen!“
In etwa so dürfte es sich zugetragen haben, denn die Jury des United States Army Air Corps (USAAC) begegnete dem Vorschlag der Lockheed Ingenieure Hall Hibbard und Clarence „Kelly“ Johnson mit großer Skepsis. Im Februar 1937 waren die Firmen Lockheed, Boeing, Consolidated, Curtiss, Douglas und Vultee von der USAAC aufgefordert worden, an einer Ausschreibung über den Entwurf eines zweimotorigen Abfangjägers mit folgenden Kriterien teilzunehmen:
  • 580 km/h in 6.000 m Höhe
  • 466 km/h auf Meereshöhe
  • im Minimum einer Stunde Vollgas in 6.000 m Höhe standhalten
  • 670 m nach dem Start ein 15 m hohes Hindernis überwinden können
Nachdem sie verschiedene Entwürfe durchgerechnet hatten, legten Hibbard und Johnson einen für damalige Zeiten völlig neuartigen Entwurf mit drei Rümpfen unter der Bezeichnung „22-64-01“ vor. Kein Wunder also, dass die Jury der Auslegung mit Skepsis gegenüber trat.
Ausgerüstet war die Maschine mit zwei links und rechts der Pilotenkanzel installierten flüssigkeitsgekühlten und mit Turboladern versehene V12-Hubkolbenmotoren vom Typ Allison V-1710 mit je 857 kW (1.150 PS) Startleistung. Die Propeller drehten sich gegensinnig, um das Drehmoment der beiden Motoren auszugleichen. Der zentrale Rumpf mit dem Cockpit war mit einer Hispano-Suiza-M2-Maschinenkanone des Kalibers 20 mm und vier Browning-M2-Maschinengewehren des Kalibers 12,7 mm ausgerüstet.
Wie es den beiden Ingenieuren dann doch gelungen ist, die Jury zu überzeugen, ist nicht überliefert. Tatsächlich erhielt die Firma Lockheed am 23.06.1937 den Zuschlag für die Produktion des Flugzeugs. Dem Prototyp mit der Bezeichnung XP-38 folgten zahlreiche Typen mit Auf- und Umrüstungen, die eigene Typnamen trugen; insgesamt wurden mit 10.015 Maschinen vergleichsweise wenige Flugzeuge produziert (zum Vergleich Mustang P-51: 15.875 Stück).
Das Modell im Flug, unverkennbar!

Zum Einsatz kam die P-38 zunächst als Begleitjäger für die amerikanischen Bomberverbände, weil die anderen eingesetzten Jägertypen wie die P-40 Warhawk und die P-47 Thunderbolt zunächst nicht über die nötige Reichweite für Einsätze bis nach Deutschland verfügten. Ähnlich wie zuvor die deutsche Messerschmitt Bf 110 war sie in dieser Rolle jedoch nicht besonders erfolgreich. Insgesamt verzeichneten beinahe alle Einheiten der 8. US-Air Force 451 Totalverluste an P-38. Deshalb erfolgte ab Dezember 1943 eine Umrüstung von der P-38 auf die P-51 Mustang.
Ab November 1942 wurde die Lightning in Nordafrika bei der 12. Air Force erstmals in großer Zahl als erfolgreiche Jagdbomber gegen Bodenziele oder als Abfangjäger deutscher Transportflugzeuge eingesetzt. Die deutschen Piloten der Luftwaffe gaben dem Flugzeug wegen seines eigenartigen Äußeren und der enormen Feuerkraft bald die Spitznamen „Doppelschwanz“, „Gabelschwanz“ oder „Gabelschwanzteufel“. Einige der von deutschen Piloten abgeschossenen P-38 konnten flugtauglich erbeutet oder wieder flugtauglich aufgerüstet werden und wurden von der 2. Staffel des Versuchsverbands des Oberbefehlshabers der Luftwaffe eingesetzt.
Das Haupteinsatzgebiet der P-38 war der Kriegsschauplatz im Pazifik. Vor allem ihre doppelte Motorisierung wurde als Sicherheit für den Flug über dem offenen Meer bewertet. Dort zerstörte das Muster mehr japanische Flugzeuge als jeder andere Jäger der USAAF.
Bei der Operation Vengeance vom 18. April 1943, einer der bekanntesten Einsätze der Lightning während des Kriegs, wurde der oberste Befehlshaber der japanischen Flotte, Admiral Yamamoto, in seiner Transportmaschine getötet.
Die Lightning kam auch als Fotoaufklärer zum Einsatz. Der Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry, und damit berühmtester Pilot der Aufklärungsvariante, kehrte mit seiner Lockheed F-5B am 31. Juli 1944 vom Einsatz von Korsika aus nach Grenoble nicht zurück. Im Jahre 2000 gelang es, Teile der Maschine südlich von Marseille aus dem Meer zu bergen.
Lockheed P-38L:
Kenngröße
Daten
Länge   
11,55 m
Flügelspannweite   
15,88 m
Höhe   
2,99 m
Antrieb   
zwei V-12-Triebwerke Allison V-1710-111 mit Turbolader und je 1.475 PS
Höchstgeschwindigkeit   
666 km/h in 7.620 m Höhe
größte Reichweite   
3.620 km
Besatzung   
1
Dienstgipfelhöhe   
13.390 m
Leergewicht   
5.800 kg
Fluggewicht   
7.950 kg
Bewaffnung   
vier 12,7-mm-MGs, eine 20-mm-Kanone,
bis zu 1.820 kg Bomben oder 12,7-cm-Raketen
Quelle für alle oben dargelegten Fakten: http://de.wikipedia.org/wiki/Lockheed_P-38
Bauerfahrung
Soviel zur geschichtlichen Vergangenheit. Kehren wir in die Gegenwart zurück. Zunächst danke ich den beiden Lockheed-Ingenieuren, der Jury der USAAC und der Firma Schweighofer im Vertrieb des Herstellers FMS, dass ich ein Modell der P-38 testen durfte.
Die Firma FMS wurde 2007 in Shenzhen/China als unbekannter Hersteller von Flugmodellen gegründet, seither wuchs das Unternehmen zu einem bedeutenden Produzenten, allein in 2010 wurden monatlich zwei neue Schaummodelle als Nachbauten von Originalflugzeugen unterschiedlicher Epochen auf den Markt gebracht. Mit dem Slogan „Perfektes Aussehen, Exzellente Eigenschaften“ wirbt die Firma für ihre Produkte und weckte damit mein Interesse und freudige Erwartungen an die zu testende Lockheed P-38.
Wenige Tage nach der Bestellung überraschte mich bereits die Postbotin mit einem vergleichsweise kleinen Paket, dass ich wohl ebenso skeptisch betrachtete wie damals die amerikanische Jury: Darin sollten alle Teile für den Bau einer Maschine mit 1,45 m Spannweite sein? Nach dem Öffnen des Kartons zerstreuten sich jedoch sofort meine Bedenken: fein säuberlich waren alle Einzelteile nochmals separat in Kunststofftüten und nach Baugruppen markiert darin sicher untergebracht. Dem Baukasten lag eine sehr gut bebilderte Bauanleitung bei, die auch den Flugmodellbauern mit nur geringen Englischkenntnissen eine problemlose Montage der Lightning ermöglicht, denn mehr als zu Montieren und ein paar Klebearbeiten gab es wirklich nicht zu erledigen. Die Vorfertigung ist tatsächlich enorm: Alle Servos befinden sich bereits an ihren Plätzen, insgesamt 13 Stück (!), davon entfallen allein 7 auf das dreibeinige Einziehfahrwerk mit lenkbarem Bugrad samt Klappenverschluss.
An den Rudern sind die Plätze für die Ruderhörner bereits durch Vertiefungen mit vorbereiteten Bohrungen für die Befestigungsschrauben eindeutig festgelegt, selbst auf den abgelängten Anlenkdrähten befinden sich bereits die Gabelköpfe.
Bevor mit zwei Schrauben die beiden Flügelhälften passgenau an den Leitwerksträgern und mit vier weiteren Schrauben am mittleren Rumpf verschraubt werden, sollte man die Anschlusslänge der Kabel für das Höhenruder- und Seitenruderservo kontrollieren, ich musste sie ein Stück herausziehen. Nachdem alles kontrolliert war, wurde nochmals mit zwei Schrauben das Höhenleitwerk befestigt und, siehe da: die P-38 sah bereits sehr vollständig aus. Der Empfehlung aus der Bauanleitung folgend, sicherte ich Verbindungsflächen zwischen Rumpf und Leitwerk mit Klebstoff. Das war allein schon deshalb erforderlich, weil im Leitwerk die Einschlagmuttern fehlten. Ich klebte daher die Befestigungsschrauben mit einem PU-Kleber ein.

Einer der Kabelbäume aus den Flügeln

Dann folgte der Teil, der nichts für schwache Nerven ist: die Verkabelung. Man kann sich unschwer vorstellen, dass so viele Servokabel sowie die der funktionsfähigen Lampen und von den beiden Reglern irgendwie in die Rumpfmitte zum Empfänger, den man selbst nur noch zusteuern muss, zu führen sind. Zwar sind dafür bereits markierte Kabelbäume und Verlängerungen vorbereitet, die in Schächten durch den Flügel geführt werden, doch muss man sehr genau darauf achten, kein Kabel zu vergessen oder an die falsche Buchse anzuschließen. Eine Funktionsüberprüfung ist ein Muss vor dem Verkleben der Schachtabdeckungen! Vor deren Verkleben sollte man die Kabelüberlängen allerdings wieder in die Leitwerksträger schieben, sonst wird es im Rumpfmittelteil sehr eng. 
Die beigefügten Verlängerungen und Y-Kabel

Bei der Funktionsprüfung jedenfalls funktionierte erst im zweiten Anlauf alles -freundlich überstrahlt von den bunten Positionslichtern an Flügel und Rumpf-, weil ich ein etwas verstecktes Kabel für das Seitenruderservo in einer Rumpfhälfte übersehen hatte. Mit Mühe brachte ich alle Kabel samt Empfänger in dem engen Rumpfausschnitt unter, sodass die Haube trotz Wegschneidens eines Überstandes nicht zu schließen war. Deshalb tauschte ich die sehr langen Verbindungsstecker zur Stromversorgung gegen 4 mm Goldkontaktstecker aus.


Die zu langen Stecker für die Stromversorgung

Wirklich beeindruckend war die Funktion des Einziehfahrwerkes: zunächst öffnen sich langsam die Klappen, dann mit einer kurzen Verzögerung, fahren die Räder aus, umgekehrt verhält es sich beim Einfahren, einfach fantastisch und sehr realitätsnah!








 
Die Anlenkung von Höhen- und Seitenruder kreuzen sich
Etwas unglücklich empfand ich die Anlenkung der Seitenruder über ein zentrales Servo im Höhenleitwerk. Das Gestänge läuft mit geringem Abstand bis zu den Enden des Leitwerks und steuert dann über Umlenkhebel die Ruder an. Damit liegt es gleichzeitig quer zur Höhenruderanlenkung, die ich in die äußersten Löcher einhängen musste, um eine Verhakung zu vermeiden. Auch aerodynamisch keine glückliche Wahl, zwei einzelne Servos in unmittelbare Nähe der Seitenruder wären besser gewesen.



Die verbogenen Spreizklappen
Die Servos für die Ansteuerung der als Spreizklappen ausgelegten Landeklappen lieferten verschieden große Ausschläge, die ich nur durch ein unterschiedliches Einhängen in den Ruderhörnern ausgleichen konnte. Leider waren die Klappen etwas verbogen, mit einem Fön wärmte ich sie vorsichtig an und richtete sie wieder.






Die Montage der Dreiblattluftschrauben
Sehr gelungen fand ich hingegen auch die vom Original übernommene gegensinnige Drehrichtung der Antriebsmotore. Dazu liegen dem Baukasten schnell zu montierende rechts- und linksläufige Dreiblattluftschrauben bei.
Angaben über die Größe der Ruderausschläge suchte ich leider vergeblich in der Baubeschreibung. Ich stellte daher folgende Werte ein:
Querruder: +/- 21 mm         Höhe: +/- 13 mm      Seite +/- 11 mm
Landeklappen zweistufig +10/+20 mm
Aus den Resten der beiliegenden silbernen Klebefolien zur Abdeckung des Höhen- und Seitenleitwerksservos  schnitt ich schmale Streifen und überdeckte damit die Nuten an den Flügel- und Leitwerksübergängen, das gefiel mir optisch einfach besser.

Die bereits aufgebrachten Dekors an der Rumpfspitze
Die bereits aufgebrachten Verzierungen unterstreichen noch das originalgetreue Aussehen. Mit einem zusätzlichen Dekorbogen und einer Drei-Seiten-Ansicht in der Bauanleitung kann man das Ganze ohnehin mit viel Liebe für das Detail gestaltete Modell bis ins Kleinste weitertreiben.
Als die Lockheed P-38 nach einem verregneten Nachmittag fertig vor mir stand, zeigte die Waage 2.312 Gramm an, 12 Gramm mehr, als angegeben. Aus der Gesamtmasse resultierte eine Flächenbelastung von gut 77 g/qdm. Bei der großen Streckung dürfte mit einer relativ hohen Landegeschwindigkeit und plötzlichem Strömungsabriss bei zu geringer Fahrt zu rechnen sein. Ich war also auf der Hut. Der Schwerpunkt lag knapp hinter dem vorgegebenen Wert.
Die Rädergröße (55 mm Durchmesser am Hauptfahrwerk und 40 mm am Bugrad) ließen mich zunächst daran zweifeln, ob damit ein sicherer Bodenstart möglich wäre, zumal die Bodenfreiheit der Luftschrauben nur gut 5 cm ausmachte und unser Platz wie viele andere auch nur eine Rasenpiste aufweist. Doch kurze Beschleunigungstests im eigenen Garten zeigten, dass die beiden Motoren wohl auch das problemlos meistern würden. Damit stand dem Erstflug eigentlich nur noch das bislang sehr wechselhafte Wetter Norddeutschlands entgegen.
Flugerprobung
Das Wetter spannte mich doch sehr auf die Folter, aber schließlich ergab sich am 10.08.2012 bei leicht böigem Wind endlich die Chance auf den Erstflug. Auf dem kurz gemähten Rasen beschleunigte die P-38 sehr gut. Gerade als ich Höhe ziehen wollte, wurde sie abrupt abgebremst und machte einen leichten Kopfstand. Meine Befürchtung sah ich bestätigt: Das Bugrad war direkt an der Halterung abgebrochen. 
Das abgebrochene Bugrad
 Nach kurzem Überlegen zeigte sich ein Fliegerkollege bereit, einen Handstart zu versuchen. Direkt nach dem Abwurf zogen die Motoren die Maschine sicher durch. Nachdem ich genügend Sicherheitshöhe erreicht hatte, musste ich etwas Höhe und Querruder links nachtrimmen. Sehr schnell zeigte sich, dass die Lightning anfällig auf Seitenwind reagiert, schon bei dem leicht böigen Wind hatte ich gut zu tun, sie immer gerade zu halten. Beim Drosseln nahm sie sofort die Schnauze recht steil nach unten und beschleunigte stark; wie ich es bereits vermutet hatte, braucht sie viel Fahrt. Beim Ausfahren der Landeklappen verflachte sich der Winkel.

Das markante Flugbild ist beeindruckend!
Diese Tendenz zum Beschleunigen machte ich mir bei der Landung zunutze und schaltete die Motoren in ca. 20 Metern Höhe aus, mit leicht gezogenem Höhenruder fing ich den Sinkflug ab und zog etwas mehr kurz vor dem Aufsetzen, eine butterweiche Landung war gelungen!
Die Ruderausschläge erwiesen sich auch bei den weiteren Flügen als genügend groß, die P-38 reagierte direkt und ausgewogen. Mit dem beigefügten Lipo 3s 3.300 mAh sind Flugzeiten um die fünf Minuten problemlos möglich.
Beeindruckend ist das Flugbild der Lockheed P-38 allemal. Ihre Flugeigenschaften setzen jedoch Knüppelfestigkeit voraus. Die hohen Erwartungen, die die Firma FMS schürte, sehe ich nur teilweise erfüllt: Im Aufbau vielfach sehr liebevoll, genau und detailreich, stellte sich in der Praxis die zu schwache Auslegung des Fahrwerks als echtes Manko dar, die offensichtlich nur für Hartpisten konzipiert wurde. Hier sehe ich Nachbesserungsbedarf.
Technische Daten
Spannweite 1.450 mm
Länge 1.050 mm
Masse 2.312 Gramm
Lage des Schwerpunktes 60 mm ab Nasenleiste der Wurzelrippe
Akku 3s  3.300mAH LiPo
Motor 2* 4023-920
Flügelfläche 30,1 qdm
Flächenbelastung 77 g/qdm
Maßstab zum Original 1:11

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